




Es war an der Zeit, den Namen Amadeus aus dem Pfuhl der Unterhaltungsbrühe zu ziehen, wo bierschellige Jecken das Käseloch ihrer Hirnsubstanz mit Amadeus zu dekorieren wünschen. Amadeus nur noch die zappelnde Unterhaltungs-Blase aus der Lagerhaltung der Käseanstalt, wobei man mit Verwunderung fragt, wo der Käse geblieben ist, von dessen Löchern man sich unterhalten läßt.
Man lasse sie aufmarschieren diese Amadeusse der neueren Musik - und Unterhaltungs-Fabriken. Wer vermöchte es, mit symphonischen Werken diesen Namen zu rechtfertigen? Das Leergut aus den Unterhaltungsbuden des geistigen Armuts-Destrikts, wo man mit Stolz die geistige Abstinenz durch hochgeistige Getränke zu kompensieren versucht und dies das höhere Leben nennt? . . .
Amadeus – Wer diesen Namen führt, von dem sollte man erwarten können durch klassische Werke ihn in Ehren zu halten. – Amadeus ist ein Versprechen, ein Gelöbnis und ein Bekenntnis. Amadeus – das Band, das den musischen Geist mit dem ewig Schöpferischen verknüpft. Der große Verzicht auf alles, was modern und zeitgemäß von Erfolg zu Erfolg sich brüllt. Amadeus, als die Brücke zur alten Welt, welche Neptun errichtete als er mir sprach: „Dort hin oder nirgendwo hin.“
In diesem Sinne ergriff ich den Namen Amadeus, zum Zeichen ein Erbe dieser Zeit zu sein, welcher in Wort und Musik den Beweis antritt, nicht zu jenen zu gehören, deren geistige Vakanz nach auffälligen Etiketten sucht, die Nullität zu verbergen, die aus allen Winkeln der Visage grinst, in der Hoffnung, daß man auf Grund der Etikette auf die Person schließen möge. (Der Fall des Dissonantenwirts Karl Amadeus Hartmann)
Ein Komponist, der sich Amadeus nennt, sollte sich aller modernen und zeitgemäßen Richtungen widersetzen, mehr noch: er sollte taub dafür sein. Das ist das Mindeste, was man erwarten kann. Hier kein Kind seiner Zeit sein wollen ist nachgerade die Bedingung, um überhaupt das Recht zu haben, sich Amadeus zu nennen. Klassische Werke sollen diesen Namen rechtfertigen, als der Gegensatz zu allem, was sich zeitgenössische Musik nennt. Sich dem Geschmack seiner Zeit widersetzen, das heißt hier erfolgreich sein! Und Erfolg ist immer ein Sieg. In diesem Sinne bin ich vielleicht der erfolgreichste Komponist den es gegenwärtig gibt. Man möge mir einen Lebenden nennen, der sich mit klassischen Werken seiner Zeit widersetzt, wie ich es seit Jahrzehnten praktiziere . . .
Konzert für streichorchester Nr. I
Letzter Gruß den alten Meistern
Amadeus Wellenstein
Konzert für streichorchester Nr. I
Ausschitte aus den vier Sätzen

Partitur: Konzert für Streichorchester Nr. I

"La prima Violinista"
Dibond - Original: 150cm x 71cm von Amadeus Wellenstein
Abseits der Lärmenden zu den Wenigen sich gesellen, denen Musik entlegene Höhen verspricht: dort ziehe ich meinen Bogen, mit Eingeweihten höher und höher empor sich schwingen, bis verklärtes Elysium die Zeit aus ihrer Festung hebt. Hinauf soll die Musik uns führen, zu feierlichen Weihen des ewig Schöpferischen. Der Rest soll nach den Moden pfeifen. Der Sümpfe gibt es dort genug . . .
Auszug aus dem literarischen Hauptwerk "Triumph des Lebens" von Amadeus Wellenstein

"Triumph des Lebens"
Dekorations-Entwurf, Marbella 2018 von Amadeus Wellenstein
Vom Technischen Zeichner der Luftfahrt
zum Künstler, Schriftsteller, Musiker und klassischen Komponisten


Amadeus Wellenstein — Technischer Zeichner. Ausbildung 1969 - 1972 bei MTU München. Abschluss-prüfung 1972 Kraus Maffei. Letzte Berufs-Tätigkeit: Detail-Konstrukteur 1977 (MTU - Abteilung TESK). Konstruktion der Abdeckung für das Triebwerk RB 199 (Tornado).
Die Außergewöhnliche kam mit lauter Stimme, em-pörte sich, wie ich die Zeit mit technischen Faxen verprassen könne, hob Beethovens Büste über die technischen Pläne und sprach: „Hier haben sie ihren Begleiter oder wollen sie am Reißbrett verfaulen bis ihre Talente zum Himmel stinken. Sehen sie sich die eifrigen Mumien an, die rings um sie die Zeichentische besetzen.“
Daraufhin erhob sie das Glas, hatte mein Schweigen ihr doch verraten, dass ihr Wink meine Seelengründe er-schütterte . . .

Technischer Zeichner Wellenstein 1977
. . . Der Unmut an meinem Zeichentische erhob sich in einem solch ungeheuren Maße, daß ich Beethovens Büste aus mei-nem Blick verbannen mußte, da bei längerem Betrachten Stimmungen in mir empor stiegen, die ich nur schwer zu bändigen vermochte. Es war mir nicht möglich einen Strich über das Blatt zu ziehen, geschweige auch nur einen Stift zu heben. Beethoven steigerte meinen Widerwillen an meinem Berufe ins Unerträgliche. —
In welches Rudel ich hineingeraten war, erhellte allein die Tatsache, in sieben Betriebsjahren unter Tausenden nicht einmal den Namen Beethoven gehört zu haben. Hier wurde die Musik auf den Geist der Grillwürste reduziert, grölende Unterhaltungs-Aggregate vor die Bierfässer gespannt und sie nannten es — Kultur.

An einem finstren Tage sprach ich zu meinem Vorgesetzten: „Auch wenn meine Gesellenprüfung mit Auszeichnung aus-gehändigt wurde: muß ich zum Holzfäller werden, damit sie begreifen, hier fehl am Platz zu sein. Fragen sie in der Pizzeria, wo mein Reißbrett am besten aufgehoben ist. Dort wo das Holz liegt, den Ofen zu schüren . . .“


„Warum Reißbrett, Schreibtisch und Schablonen nicht aus dem Fenster werfen“, sprach die Außergewöhnliche, „dem unerquicklichen Leerlauf in deinem Lebens mit Kunst und Musik ein Ende setzen? Sie lärmen über den Wolken, und dein Los sollte es nun sein, die höheren Talente verfaulen zu lassen, um diesen Irrsinn voran-zutreiben? Die Kunst ist zum Schauplatz des Irrsinns geworden, dem sie mit dem Wettstreit entgegen treten, brüllende Luftschiffe über die Kontinente zu jagen. Ihre Sänger brüllen gleich frisierten Turbinen, damit auch der letzte Schwerhörige begreifen möge, daß der Fortschritt die Stille aus der Welt geprügelt hat. Sie hacken sich die Zeit wie das Kotelett zurecht, präludieren vor der Stechuhr wie der Narr vor dem König, nur daß der Witz sich nicht aus dem Keller wagt, um nicht vom Ernst der Werkelstunde erschlagen zu werden.
Den schöpferischen Genius in das Korsett der DIN-Norm schnüren, bis er selber zum Repräsentanten der Norm geworden: das ist es, was sie an dir zu vollenden wünschen. Die Untalentierten mögen in dieser Abrichtung ihr Glück empfinden, ist es doch ihre Dienstbarkeit, die ihnen erst einen Wert auf die Stirntafel drückt. Was andere aber ihren Wert und Verdienst heißen, damit würdest du dein Wertvollstes durchstreichen, ausradieren, im besten Falle zum Steckenpferde degradieren . . ."
„Verdient dein Leben als Konstruktions-Knecht den Ernst dem du ihm bietest?", sprach die Außergewöhnliche, als sie auf meinem Sonnenhügel mich überraschte. "Jetzt wo es in dir gärt und es nur eines Funkens bedurfte, um deine bür-gerlichen Bande aus allen Angeln zu sprengen, sollten an-dere Dinge durch deinen Schädel brummen, als dem tech-nischen Schmatzen am Zeichentische einen Nachruf anzu-gedeihen. Die Pflichten deiner neuen Freiheit werden schon in Bälde deine Aufmerksamkeit kommandieren und wenn du Glück hast, ist es nur ein Talent, das an dir seine Tyrannei zu vollenden sucht. Wehe, es hausen gleich meh-rere Tugenden unter einem Dache und du bist nicht Herr deiner Talente. Sie werden sich untereinander zanken, die Hübschen, die Zeit sich gegenseitig aus den Händen beißen, bis du zum Schlachtfeld deiner selbst geworden. Nur das Nichtstun kann hier Frieden stiften. Sonderlich, wenn wir Weiber uns auf die Faulheit noch am besten verstehn." Und dabei lachte sie, und ihr Schirm rief das Echo herbei . . .

Der Sonnenhügel
Aus dem literarischen Hauptwerk "Triumph des Lebens"
Die versunkene Barke

„Verschollen auf unbekanntem Grunde, also lagen einst seine Talente“, sprach Neptun. „An schwere Anker geschmiedet drohte morsch und faul zu werden, was die Natur als Mitgift ihm in die Wiege gelegt. Doch nun barg ich die Fregatte, daß er sein Schiff betreten möge, das über Äonen ihm vorbestimmt war. Über weite Meere, dem Albatros zum Gruße, segelt er nun hinaus, der Ruhm der Ewigkeit sein Werk ereile, der freie Geist von seiner Heraufkunft künde. Und während die Welt am Bissen der Gegenwart würgt, schaukelt er in seine Ferne, für Ruhm und Ehre abseits lärmender Wege.“

"Nun fischte Neptun deine Talente aus finstrem Grunde endloser Meere", sprach Mars. "Wohin willst du nun segeln, Blonder? Zum nächsten Hafen, deinem Talente die breite Bühne bieten, der Menge Lange-weile gleichsam der Vorschlaghammer sein? Man wird dich begrüßen gleich dem Hühnerzüchter, dessen Körbe voll schlachtfrischem Federvieh gefräßige Mäuler erquicken. Denen ist es einerlei, welcher Sänger ihnen das breite Maul bietet, wenn es nur gewiß ist, das Joch ihrer jämmerlichen Existenz für Augenblicke aus der Erinnerung zu werfen. Man muß ihre Rasenmäher überbieten können, um unter ihnen Gehör zu finden, rackernder Turbo an den fünf Strängen der Gitarre sein. Ihre Knochen knacken zu rudimentären Klängen, stampfenden Rhythmen, wo die Wänste vibrieren, wie das Gebiß auf rotie-renden Kolben, Ohren, die zu Trichtern sich weiten und danach schreien taub gebrüllt zu werden. Kannst du ihnen dergleichen bieten Blonder oder glaubst du mit zarten Tönen die Hornhaut auf ihren Trommelfellen zu erweichen? Sie würden dich hinein locken in ihre brüllenden Schaubuden, dein Maul mit Papier stopfen, das sie Geld nennen. Für die wärst du bloß die musikalische Keule, der Langenweile mit drei Akkorden eins vor den Latz zu setzen . . .

"Auf deinen Wegen wird man dir schwerlich Steine in den Weg türmen", lachte Merkur. "Sie müßten die Meere aussaufen, dich wieder unter dem Fußvolk zu sehen."

Unter Göttern
„Wo immer du einkehrst", sprach Saturn zu dem Blonden, „kehre sogleich aus dem Saal, was schmat-zend die krächzenden Raben von Bäumen und Büschen schreckt, am Biertisch gurgelt und sabbert, bis des Magens brüllendes Gebölk die Revolution verkündet, das abgefahrene Gesöff dem Brauherrn um Nase und Ohren fliegt. Nicht ist es dein Los, mit ernster Musik das saufende Bündel um das hart erkämpfte Vakuum zu prellen, das unter jeder Hirnschale sein Heimrecht erstritten hat. Mögen sie mit ihren Nasen ihr Orakel aus dem Bierschaum heben, ihre unlösbaren Rätsel, welche am Pflog der Dummheit wie Kühe grasen, beim Kartoffelschälen das Fett aus den Lenden pressen (Grasende Rätsel, die sie ihre Weiber heißen) oder willst du die hohlen Nüsse knacken, damit auch der Letzte erfährt, was in seinen Hirnschläuchen zirkuliert."
Die Götter lachten aus allen Wolken und selbst Medusa konnte sich ihres Gelächters nicht erwehren, worauf die zwölf Apostel sprachen: "Jetzt können wir einen Blick zurück nach ihr wagen, ohne fürchten zu müssen, zu Pflastersteinen klein geklopft zu werden." — Endlich brachte es Merkur wieder zu Wort und während die Götter in ihrem Wolkensitze tobten, rief er ihnen entgegen: „Wollt ihr dem stillen Freund der Musen vollends Wein, Weib und Gesang verleiden? Trieb Neptun seine Fregatte nicht hin zu diesem Hafen, damit er uns Götter nach Herzenslust aus dem Gedächtnis streichen kann. Gönnt ihm ein Faß unter den Zweibeinigen, bis er den Vierbeinigen wieder näher steht. Aus allen Poren mögen bacchantische Säfte aus ihm schäumen, pointierter Brodem aus seinem Schädel dampfen, bis das Bündel Menschentum dem Affen wieder die Lesung halten kann und dieser verwundert fragt: wer gab den tumben Gehirnen soviel Kredit?“ — „Die Fanfaren zur Attacke!“ rief Zeus. „Winkt ihn hinein in die Schänke. Ich will die Affen toben sehen.“
Die Hafenschänke

amadeus Wellenstein
Die Hafenschänke
"Die Leute sagen, nie wieder wird die Welt sein wie früher“, sprach der Blonde. „So mag das für all jene, die mit der Zeit den Schritt halten, seine Richtigkeit haben. Meine Welt hingegen – und es ist eine alte, beständige, in sich geschlossene Welt – bleibt jenseits dieser Zeit nach wie vor erhalten. In ihr zu leben heißt kein Recht auf seine Zeit zu haben. Darüber hat mein Talent zur Musik bereits entschieden. Ich wäre ein Narr, wollte ich mich dem anschließen, was heute modern und zeitgemäß aus allen Stallungen lärmt. Bloß zeitgemäß sein – wie wollte ich dergleichen vor mir selber rechtfertigen. Ich müßte zur Rasur tausend Lügen zurecht putzen, vor dem Spiegel den Schrecken zu bändigen, den meine Visage mir einflößte. Wie, wenn mir zuletzt nur noch die derbe Rechtfertigungsformel übrig bliebe, als brüllender Hundsfott alle Bühnen besudelt, aber dafür Geld für zehntausend Knallfrösche in der Brief-tasche zu haben. Ich hielte keine stille Minute mehr aus, kommandierte starke Rauschmittel, die ersehnte Betäubung in meinem Schädel zirkulieren zu lassen. Der Wein wäre nicht mehr edler Trunk der Inspiration sondern bloß notdürftiges Gesöff, dem man die Zerstreuung befiehlt. Es hieße mich selber aus geweihten Tempeln schleifen, um an den Trögen der Unterhaltungs-Fabrikanten die Ehren der Musik-Bonzen zu erhalten . . ."
Da brüllten die Götter vor Gelächter und Zeus rief: „Über die herrliche Pointe vergaß ich ganz die Affen. Mehr herben Wein dem Blonden. Winkt herbei die Musen. Der Mann hat seinen Vinsanto verdient.“ —

amadeus Wellenstein
Das Schlaflied
„Über mein Spiel vergaß er Wein und Muse", sprach die Violinistin, „in Bacchus Lauben den Seligen der Nacht zum Gruße. Was liegt am Rest der Mannsgestelle, deren starres Stieren alleine meiner Landschaft gilt. Wo die träumen, genügt ein Vieh ihre Begierden zu stillen. Unzählige Klauen traten schon über die Schwelle der Schänke: saufen, schmatzen, wanken ins Delirium, bis nur noch Schlächter und Schlachtschüssel bei ihrem Anblick im Gedächtnis bleiben. Als einer aus ihren Reihen seinen Antrag um meine Gunst abstotterte erwiderte ich: Hochwürden wird schwerlich Schweinehack um ein Ja-Wort bitten. Durch welchen Fleischwolf hat man ihn getrieben oder ist das Hack das er vorstellt bloß Maskerade? Lasse er seine Visage an der Garderobe hängen, dann können wir über das Tauschen der Ringe reden . . .
Die Welt ist zur Schänke depressiver Desaster geworden, wo ein jeder nach dem Esel schreit, sein kümmerliches Joch ihm auf den Rücken zu binden. Man läßt sich schleifen, ist man zum Kriechen doch schon zu faul geworden. Ehemals fand man sie noch unter Würmern. Jetzt wollen sie nur noch verfaulen, um aus ihrer Bequemlichkeit nicht geschreckt zu werden. — Würden sie an den Tafeln finden, was in ihren Gehirnen die Runde macht, da knurrten Milliarden Magengruben, bis die barmherzigen Keiler aus aller Herren Wälder ihren Bachen zuriefen: ihr fetten Säue! Erbarmt euch dem zweibeinigen Geschlechte. Seid ihnen die ersehnten Wurst-pakete.
Wie, sollten die Götter den Blonden hierher gewunken haben, dem lärmenden Schmatzen den herben Kontrast zu liefern? Ist das die Pointe, mit drei Bouteillen sich über den Acker der Realität zu saufen, nur weil man die wackren Gesellen nicht zu finden vermochte, welche nach neuen Horizonten den Bogen der Sehnsucht spannen? — Wer wollte dem Blonden die Pfeile zu seinem Ziele reichen? Die Prallen, die hier die Bänke nieder drücken, brüllen sich die Gurgeln wund, die nächsten Fässer zu besetzen, den Druck des Vakuums sich aus dem Schädel zu zechen. Was wunder, wenn ich die Brut hinaus werfen mußte, um Stille für die Musik zu schaffen. Stille — das ist ihnen Tortur und Aderlaß. War's nicht beim letzten Konzerte, daß sie inmitten der Fermate dem Wurstfabrikanten auf''s Maul lurten, mit dem Wunsche, die fette Kante möge dem Orchester eins über den Kamm husten. Kaum, daß sie mit vorlauten Blanken die Polster erschreckten, wütete sogleich der Applaus grobschlächtiger Pranken. Nicht dem Dirigenten galt der wüste Jubel. Es war der Vorhuster, der zu neuer Lektion das Publikum begrüßte . . .
Was wird den Blonden erst erwarten, sobald seine Talente erwachen? Ich fürchte der Instinkt der Selbsterhaltung wird ihm das Denkmal des einsamen Spartaners deuten.“
Aus dem literarischen Hauptwerk "Triumph des Lebens"

Denkmal des einsamen Spartaners
Die Mundharmonika
„Hüte dich vor den Töchtern des Saturn" sprach die Muse zu dem Blonden. "Gleich streitlustigen Raben ist ihnen die Welt der Apfel der Zankenden. Sonderlich, sollten sie mit ihren derben Sprüchen dennoch recht behalten. Wer aber den besseren Wein in Händen hält, magst du selber entscheiden. Mich dünkt, der wird es sein, dem die Gegenwart wenig bedeutsam erscheint. Vorübergehen, sofern die Welt nicht zum Verweilen läd, scheint mir klüger, als seinen Witz an den Moden zu schärfen. Überdies: wen die Musik über alle Wirklichkeit hebt, was sollte der zu wünschen noch übrig behalten."

„Dies unscheinbare Instrument, das dir zum Segen gereiche, wird dir die Schwingen verleihen höher und höher in Neptuns Sphären zu schweben, wo allein Musik und nichts außerdem dir zur Offenbarung gereiche. Die Harmonika sei der Bürge, für den weihevollen Trunk, der deinen Geist beflügeln möge. Singe hinein in die Stille lauschender Seele, Bacchus und Neptun zum Gruße, daß die trübe Welt in lichte Farben sich wandle, die Beschaulichkeit des trunken Träumenden zur Tugend erhebe. Prüfe mit kunstvoller Weise das erste deiner Talente. Man wird es dir lohnen, aus fernen Höhen dein Lied zu hören . . .“




Lieder des Blonden mit der Mundharmonika
Ausschnitt aus dem Album von 2004

Amadeus Wellenstein Weihnacht 1982

Rede der prima flautista
Willst du die nächsten Jahrzehnte im Schaukelstuhl der Sehnsucht dem Publikum das Herz erweichen? Soll meine Flöte aus dem sanftmütigen Schmachten überhaupt nicht mehr heraus kommen? — Betrachte deine Hände. Nichts steht ihnen näher als das Klavier. Mit jedem Griff zur Gitarre aber verhunzt du die Anatomie des Pianisten. Ich wollte an dem schwarzen Kasten deine Laune toben hören, daß Hämmer an die Decke springen, die Saiten des Diskant die Unterwelt aus allen Katakomben jagen. Willst du das Wuchtige, das dir zu eigen, an der Gitarre abzupfen, das Ungestüme und Gewaltige der zarten Harmonika aufbürden. Auch wenn die Meute auf deine Melodien applaudiert, was ist dir damit geholfen? Sie lullen dich ein mit ihren Lobessenzen, als wärest du am Ziele, fördern deine Bequemlichkeit, bis du selber glaubst am Ziel zu sein. Mit Trippel-Schritten sollst du durch ihre Reihen tanzen, in der Entschuldigung dich verbeugen, daß zum Sprunge lange Beine dir gewachsen sind. Wagst du über ihre Kirchtürme hinweg zu hüpfen, dort, wo die Glocke des Erfolges brüllt? — Wohl lieben sie deine rührselige Art, doch nur, um ihrer Faulheit neue Namen zu geben.
Das Radikale, das dich erfasste, als dein Berufsleben du auf den Kopf stelltest, will ich an dir wieder entdecken, wenn es gilt den Schwärmer über den Jordan zu jagen um zu beweisen, warum Beethovens Büste dir zum Geschenk geworden. Die Harmonika ist ja nur der Bodensatz deiner Talente. Damit kannst du im Alter, wenn du schwach und zittrig geworden, dir noch einen Namen machen. — Heute aber will ich den Gekreuzigten auf das Parkett winken, daß er dir reden möge: Nimm dein Klavier und geh. Aber sei auf der Hut: der Schwärmer wird auch am Klavier zum Sentimentalen dich einzuschiffen versuchen. Wer wird dann deine Not erraten und Beistand gewähren, die sehnsüchtig Schmachtenden dir vom Hals zu schaffen oder willst du Hausfrauenherzen der Barde auf gedunsener Erbse sein . . .
Da sprach Amadeus: Laß’ dir das Außergewöhnlichste berichten, das mir als Stadtmusikant widerfuhr, als eine Amsel zum Spiel der Harmonika ihren Gesang anstimmte. Meine Musik und das fröhliche Gezwitscher des Vogels, beide versucht im Duett sich wechselweise zu imitieren, erhellte die ganze Strasse, was Hunderte von Menschen erstaunt und begeistert aufhorchen ließ. Als das Abendgeläute einsetzte, spielte ich in kuriosen Phantasien mit den Glocken und der fröhlichen Amsel hinein in dieses wundersame Trio. — Es war das ungewöhnlichste Konzert das ich jemals gegeben und das Höchste, was ich als Stadtmusikant je erlebt habe. Und wie großartig war mein Publikum: niemand wagte zu applaudieren, fürchtete man doch die Amsel zu schrecken. — Hier wäre das Klavier vollkommen fehl am Platz gewesen . . .

1976 - 1986: Die Theatiner Passage in München als Konzertbühne
des Blonden mit der Mundharmonika
Die Hauruck-Architektur dieser Passage empörte mich stets von neuem. Ganz im Besonderen die beiden Stützpfeiler, die in ihrer rohen Gestalt belassen den Eindruck erweckten, als wollte man allein ihre Zweckmäßigkeit auffällig demonstrieren.
Ich ersuchte die Stadt die Passage von ihrem kläglichen Anblick zu befreien, die Fassade der oberen Stockwerke der klassischen Architektur anzugleichen, die erbärmlichen Pfeiler nach römischem Vorbild zu gestalten . . .

Erneuerung der Theatiner-Passage und der Gebäudefront. 3D-Entwurf des Stadtmusikanten Amadeus Wellenstein

Einweihung der Wellenstein-Passage (ehemals Theatiner-Passage) oder die fliegende Violinistin auf dem Trampolin
Gesetzt, man hätte die Theatiner-Straße meinen architektonischen Entwürfen überlassen, ich hätte aus der "Lifeless running mile" eine der ersten Sehenswürdigkeiten Münchens gemacht und dies ganz ohne Abrißbirne, mit Ausnahme der neuen Kunsthalle . . .
Vom Stadtmusikanten zum Pianisten und klassischen Symphoniker
Die Gitarre, die Mundharmonika, nebst dem Unbehagen am Klaviere mit vierundzwanzig Jahren als Debütant zu gelten: also stand ich dem Rest der Welt gegenüber. Dennoch wagte ich es, nach wenigen Lektionen auf Ausstellungen und Mode-messen am Piano mich zu behaupten. Der Erfolg überraschte mich, zumal es mir an jeglicher Virtuosität fehlte, welche in der kurzen Zeit zu erreichen auch gar nicht möglich gewesen wäre. Ein Kostüm-Schneider meinte, als ich ihn fragte, warum er für sein Kleider-Spektakel keinen Virtuosen be-stellte: „Was bringt mir ein Virtuose mit vierschrötiger Visage. Dafür haben die doch ihre Konzertsäle. Und dann die Grimas-sen inmitten der Vorträge. Ich dachte an wiederkäuende Kühe.“

Erster Klavierunterricht 1979
Wo immer nach meiner Musik verlangt wurde, sei es auf Modenschauen, bei Ausstellungen, Beerdigungen oder privaten Festlichkeiten, über meine jugendlichen Launen, bloß melancholisch in a-moll mich zu verirren, kam ich selten hinaus. Und dennoch — das Publikum in den Piano-Bars war außer sich und geizte nicht in der Begeisterung. Man warf Rosen auf den offenen Flügel, einigen Damen kamen die Tränen, die Japaner tobten; niemand vermisste ein Thema oder gar die klassische Form. Im Gegenteil: das Formlose entzückte, dies höchst tonale Ausschweifen, Umherschweifen, Ausweichen machte mich interessant. Es war überhaupt nicht notwendig, noch etwas hinzu-zulernen. Aus dem Chaos harmonischer Tongebilde die Gemüter auf Top zu bringen — wer wollte es mir verübeln, wenn ich bei dieser Art von Musik es hätte bewenden lassen. Welch geruhsames Leben wäre mir beschieden gewesen, mit dem Wenigen, das den meisten immerhin genügte, zufrieden zwischen den Bäumen zu schaukeln, mit Musik die harmonisch-ruhige Kugel zu schieben, sentimentale Eskapaden zur Glücks-Frisur zu toupieren, der Tröster in Moll einsamer Hausfrauen sein . . .
Man unterschätze dergleichen nicht: diese Art von Unterhaltung wird heute gut bezahlt. Das Sentimentale ist nachgerade der Trumpf aller Musik-Fabriken. Mit dem besten Gewissen hätte ich den melancholischen Pianisten auf die nächsten Jahrzehnte vorstellen können.
amadeus Wellenstein
Ballade con sentimente (Ausschnitt)

Modenschau bei Manfred Schneider
Auftritt in Harry's New-York-Bar

Der Lead-Gitarrist — „Früher waren sie die Könige“, sprach die Bedienstete. „Heute prügelt man sie, wie der König seine Knechte.“

Der goldene Schuh — Als nach dem Verbleiben des Dirigenten man sich erkundigte, hob die Trinkfreudige den Taktstock und sprach: „Er bat an der Garderobe, ob an meiner Seite er sich ausseufzen könne und seufze in der Tat, als mein robuster, goldner Schuh den Krummwuchs durch das Fenster trat.“

Brief einer Zuhörerin — (Auszug) Jeder Unterhaltungsmusiker würde dort weiter machen, wo ich unzufrieden Ihren melancholischen Einlagen lausche. Allein der Gedanke Sie als rührseligen Musiker gefeiert zu sehen, Ihr Talent auf wenige Akkorde beschränkt, mit schmachtenden Romanzen sich gefällig zu erweisen, mit einem Wort Sklave der Laune eines Feierabend-Publikum zu sein, reichte hin, Sie als verunglückten Musiker zu betrachten. Ich könnte mir nur schwer vor Augen führen, daß Sie, mit ausgefeilter, exzellenter Sprache bei dieser Art Unterhaltung es bewenden lassen, gleich den beliebten Bühnen-Barden stets die gleiche Revue vom Leder ziehen, den Hanswurst des Sentimentalen präsentieren, der bei jedem Einfall überlegen muß, ob er beim Publikum geneigte Ohren findet.
Allein als Sprungbrett zu höherem Schaffen erfährt Ihre gegenwärtige Musik ihre Rechtfertigung. Als erste Stufe will ich sie auch verstanden haben. Das ich mich gegen sie wende, ihr jedes Haar krümme, ist mein Wort an den anspruchsvollen Musiker in Ihnen, welcher gleichsam verhindern sollte, auf erster Stufe das erreichte Ziel zu sehen . . .
Das Musik-Studium

. . .mit dem melancholischen Klavier-Debütanten einmal für allemal fertig werden . . .
Nach einem Jahr Klavierunterricht bestand ich im Juni 1980 die Aufnahmeprüfung am Richard-Strauß-Konservatorium: Hauptfach Komposition, Nebenfach Klavier. Mit klassischen Tongebilden den rührselig Verträumten aus seinen Lauben zu schrecken, trat ich in meinen Erstlings-Werken jede Inspiration über den Haufen, welche an das Schwermütige und Melancholische mich binden wollte. Jeder Stil, der Strenge, Disziplin und Beherrschung erforderte war mir willkommen. Die Kunst der Fuge begann mich mit Begeisterung auf entlegenste Triften zu heben. Ein Thema mit Notwendigkeit fortzuführen ohne abzuschweifen, umherzuirren, auszuweichen, gab meinem Geiste die Sporen. Meine Feste endeten stets mit weihevollem Trinkspruch hinüber in die gute alte Ewigkeit, Bach und Beethoven zum Gruße. Also erhob ich die Pokale. —

Fortschritt — das hieß in meinem Falle fortan in der Zeit rückwärts zu gehen. — In der Kühle weihevoller Grüfte rief ich nach neuen Gefährten, auf das die Toten geweihter Zeiten mir reden mögen, wenn Kunst und Musik der Gegenwärtigen meine Geduld erschöpften, mich in dunkle Wälder fliehen hieß. — Die Abkehr von allem was sich Modern nannte, wurde nachgerade Bedingung, um sich hinüber zu strecken in jene ferne, schwer zugängliche Welt, in welcher der musische Geist seine höchsten Trümpfe in goldene Tafeln besiegelte. Ich war in dieser Welt kein Fremder, fremd erschien mir allein die Gegenwart, in der ich mich zu behaupten hatte.

Sich gegen seine Zeit behaupten, nicht bloß in der bequemen Haltung des Wissenden, sondern mit Amboß und Hammer die Tradition ferner Zeiten zu seiner Sache erheben: das war es, was die Natur in mir forderte. Kein Zeitgenössischer sollte ich werden, der in atonalen Sümpfen seine "Werke" von sich gibt, die Gegenwart mit seinen Geräuschen zu schrecken (Der Fall Ligeti). Frei nach Goethes Worten las ich nur noch jene Schriften, welche „meine Tätigkeit zu vermehren oder unmittelbar zu beleben“ vermochten, wobei die einzige Schwierigkeit darin bestand, dergleichen Bücher zu finden. Marx Kompositionslehre war eines dieser verschollenen wundersamen Schriften und als ich „Leipzig 1846“ las, war die Begeisterung nicht zu bändigen . . .

Kontrapunkt-Studie

amadeus Wellenstein
Kontrapunkt-Studie


A. B. Marx - Kompositionslehre, dritter Band - Die Doppelfuge
Amadeus Wellenstein
Präludium und Doppelfuge
PRÄLUDIUM
Ausschnitt
DOPPELFUGE
Ausschnitt

Präludium und Doppelfuge - Druckausgabe

A. B. Marx - Kompositionslehre, dritter Band, zweiter Abschnitt - Die Etüde

Etüde - Die Abreise
Dergleichen radikales Aufbäumen gegen jegliche romantische Neigung wäre nicht notwendig gewesen, klagte die Träumende zum Abschied des Blonden. Wer wird deinen Platz nun säumen, wo du nun von uns gehst? Werden deine neuen kontrapunktischen Künste uns jene Welt vor Augen führen, welche mit Harmonika und romantischer Klavier-Träumerei unsere Seelen in weite Fernen rückte? Willst du den Schwelgenden den Trost entwenden, den du mit sanfter Musik spendetest? Gewiß, man wird deine Fugen bewundern, deine Orchesterwerke bestaunen und doch — werden sie uns wieder geben, was die Harmonika uns zu geben vermag? Willst du über all jene hinweg springen, deren einsame Seelen an deinen Klängen ihr Labsal erfuhren? Was sind dem Erschöpften heroische Töne. Sind es nicht zarte Hände, die er bedarf, daß im Behutsamen neue Kräfte sich zu sammeln vermögen. Diese Zartheit in deiner Musik ist es, die neue Kräfte verleiht doch du suchst nach heroischen Klängen. Du trittst die zarten Pflanzen, an denen das träumende Auge erglüht und gibst uns zum Abschied — eine Etüde . . .
amadeus Wellenstein
ETÜDE - Die Abreise
Ausschnitt

"Die Abreise"
Dibond, Original 180cm x 86cm
Das Streichquartett

Ludwig Bussler: Instrumentation und Orchestersatz - Das Streichquartett - Berlin 1879
Unter allen Kompositions-Studenten war ich der einzige, der im traditionellen klassischen Stil kom-ponierte. Mein Los war es, allein gegen den Rest anzutreten, der in den Gummizellen des Atonalen tobte.
Gebhardt Rochus, mein Lehrer in Kontrapunkt und Harmonielehre erklärte, es wäre ihm in vierzig Jahren seiner Lehrtätigkeit nicht ein Schüler begegnet, der sich der zeitgenössischen Musik widersetzt hätte, wie ich es praktiziere. Er bat mich, das Zeitgenössische ebenso zu würdigen, um nicht auf einseitige Bahnen gelenkt zu werden. Einseitige Bahnen — damit meinte er Bach und Beethoven und den für zeitgenössische Komponisten lästigen Rest, den man gemeinhin Klassik nennt.

Christian Lobe: Lehrbuch der musikalischen Komposition - Band I - Leipzig 1858
Die drei Weisen aus dem Abendland, wie ich Bernhard Marx, Ludwig Bussler, Christian Lobe nannte – ihre Lehrbücher aus dem 19. Jahrhundert waren meine Burg und Festung gegen die Attentate der Mo-derne wider die Musik. Die Welt mag brüllen was sie will: hier fühlte ich mich stets auf sicherem Boden. Hier wuchsen dem musischen Geiste die Flügel des Albatros.
Das Ergebnis meiner Studien verlieh meiner Musik nun die Form, welche anfänglich bloß in Fragmen-ten sich zusammensetze. Jede Eingebung ruhte nunmehr auf dem unerschütterlichen Fundament der klassischen Tradition. Mein erstes Streichquartett war das erste große Musikereignis meines Musik-Studiums. Ich war der erste seit Jahrzehnten, der am Richard-Strauß-Konservatorium in der Kompo-nistenklasse ein klassisches Quartett zu bieten hatte . . .

Streichquartett a-moll
Ausschnitt aus den vier Sätzen

"Das Streichquartett"
Dibond - Original: 120cm x 57cm von Amadeus Wellenstein
Das sind Musiker, die mich etwas angehen: abseits der rohen Konzertmasse („Das Publikum ist brutal.“ Glenn Gould) gleichgültig gegen den Erfolg, redliche Virtuosen, die sich das Glück in der Musik nicht durch die Laune der Unterhaltungs-Fabrik verderben lassen . . .

Euch, den Unzeitgemäßen, die am Gegenwärtigen ihre Scherze turnen heißen, an den Gewichten alles Unbeugsamen ihren Willen schaukeln, in ihren Künsten den Beweis antreten, nicht Kinder ihrer Zeit zu sein, euch die geweihten Gemächer des Palastes, euch den Wein aus seltensten Reben, hebt ihr die Stimme des Genius doch über der Elenden rastloses Wüten. Und während die Vielen den Tag um seine Stunden prellen, ruft ihr hinüber in die Ewigkeit, neue Geschlechter und Jahrtausende zu begrüßen, steht doch das Recht an eurer Seite wenn hinab in die Täler ihr ruft: Was liegt an diesem Heute, ist es doch Morgen schon widerlegt. —
Der Gegenwart Laternen sind erloschen, allein ihr Unzeitgemäßen leuchtet hinaus in die Finsternis, gleich glühenden Wesen über Sümpfe, Moor und lärmendem Verwesen . . .
Auszug aus dem literarischen Hauptwerk "Triumph des Lebens"

Amadeus
Wellenstein
Composer
3D Artist
Autor
Der Beethoven-Palast
Architektur und 3D Entwurf von AMADEUS WELLENSTEIN

Beethoven-Palast - Ausschnitte aus dem Konstruktions-Prozess

Beethoven-Palast - 3D-Konstruktion - untexturiert

Beethoven-Palast - Das vollendete Werk
Ouvertüre zur Weihe des Palastes
Für klassisches Symphonie-Orchester
von
AMADEUS WELLENSTEIN

Ouvertüre zur Weihe des Palastes

Beethoven-Palast — Atelier und Musikzimmer

Beethoven-Palast — Das Lesezimmer

Amadeus Wellenstein - Portrait Ella Bonaparte
Epilog
Wohlan! – Was ist mein größter Erfolg den ich meiner Zeit voraus habe? Zweifellos in all den Jahrzehnten ein unzeitgemäßer Komponist geblieben zu sein. Fünfundvierzig Jahre dem Geschmack seiner Zeit sich widersetzen heißt zeitlos leben, abseits der lärmenden Bühnen, in der Seligkeit alter, schwer zugänglicher Welten behütet und geborgen. Diese heilsame Abgeschiedenheit, die es erlaubt vollkommen an seiner Zeit vorbei sich in Musik zu erheben, beschenkt fortwährend die schöpferischen Talente. Die Inspiration, als die überreiche Verschwenderin glänzender Eingebung weiht Tag und Stunde. Was wunder, wenn der Kontrast zwischen allem Neuzeitigen und meiner Musik hier auf die Spitze getrieben wird. Mit modernden Einfällen sich durchs Leben drücken, wie der räudige Rüde am Napf die Jahre abzehrt, das hat die Musen noch nie zum Verweilen bewogen. Man wird des Lebens überdrüssig, wo immer nur Dresdner Eintopf geboten wird.
Was liefern uns nun die modernen Musik-Fabriken? Immer die gleichen Eintöpfe aus den Armen-Küchen des vakanten Geistes. Hier nicht vakant sein wollen, als seine Pflicht es empfinden, zum frivolen Kehraus der Gegenwart den Gegenpol zu bieten, dort anknüpfen, wo die Meister der Musik die Ewigkeit erfreuten, ungeachtet dem Geschmack der streunenden Menge, sich gegen ihre Zeit stemmten, erscheint mir eine Aufgabe ersten Ranges zu sein. In diesem Sinne schöpferisch wirken, den lebenden Beweis antreten, daß selbst in erbärmlichsten Zeiten erhabene Musik noch möglich ist, verdient in der Tat, die Hallen der Unsterblichen zu betreten. In diesem Sinne gehöre ich zweifellos zu den Erfolg-reichen, in all meinen Werken meiner Zeit mich widersetzt zu haben.
„Aber daß ich Ihnen das Beste an meiner Musik verrate: nicht mit einer Note ist auch nur ein Hauch von modernem Einfluß zu hören. — Wenn irgend worauf mein Stolz sich gründet, so ist es, in all den Jahrzehnten unzeitgemäß, zeitlos, im besten Sinne des Wortes, ein Gegner meiner Zeit geblieben zu sein.“ Dergleichen schrieb ich meinem Magister für Komposition, als an Portugals Westküste mein Orchesterwerk AUREUM SILENCIUM sein Finale erfuhr.
Am vortrefflichsten jedoch hat der Verfasser des Zarathustra meine Musik beschrieben, dort, wo es heißt: „Ich nenne eine unschuldige Musik jene, welche ganz und gar nur an sich denkt, an sich glaubt, und über sich die Welt vergessen hat, — das Von-selber-Ertönen der tiefsten Einsamkeit, die über sich mit sich redet und nicht mehr weiss, dass es Hörer und Lauscher und Wirkungen und Missver-ständnisse und Misserfolge da draussen gibt.“ —
Soweit muß man Musiker sein, die Welt im Spiel vergessen, um vom Schauspiel „da draußen“ nicht geweckt und überrannt zu werden. Was wunder, wenn bei jedem Rückzug in meinem Leben die Weisheit selber am Werke ist, sofern es nämlich gewiß ist, daß Weisheit stets dort ist, wo Unschuld in der Musik ist, wobei Unschuld und Freiheit hier gleichbedeutend sind: man ist befreit von dem „da draussen“, erhebt sich in überreiche Höhen, wo es kein „da draussen“ mehr gibt. Ruhm, Anerkennung, Erfolg: dafür hat man gar kein Ohr. „Wie, wollen sie nicht berühmt und erfolgreich werden?“, sprach der Konzert-Agent worauf der Pianist antwortete: „Kommen sie morgen wieder. Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht . . .“

AUREUM SILENCIUM - Druckbögen aus dem zweiten Satz des Weihnachtskonzertes
Die Zukunft der Musik
"An sich ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass es noch Reste stärkerer Geschlechter, typisch unzeitgemässer Menschen irgendwo in Europa gibt: von da aus wäre eine verspätete Schönheit und Vollkommenheit auch für die Musik noch zu erhoffen. Was wir bestenfalls noch erleben können, sind Ausnahmen. Von der Regel, dass die Verderbniss obenauf, dass die Verderbniss fatalistisch ist, rettet die Musik kein Gott." —
Friedrich Nietzsche
Unter welchen Bedingungen man heute zur Ausnahme wird, hat der Philosoph in seiner vierten unzeitgemässen Betrachtung geschildert. Er schreibt:
"Wer die Kunst befreien, ihre unentweihte Heiligkeit wiederherstellen wollte, der müsste sich selber erst von der modernen Seele befreit haben; nur als ein Unschuldiger dürfte er die Unschuld der Kunst finden, er hat zwei ungeheure Reinigungen und Weihungen zu vollbringen. Wäre er dabei siegreich, spräche er aus befreiter Seele mit seiner befreiten Kunst zu den Menschen, so würde er dann erst in die grösste Gefahr, in den ungeheuersten Kampf geraten; die Menschen würden ihn und seine Kunst lieber zerreissen, als dass sie zugestünden, wie sie aus Scham vor ihnen vergehen müssen. Es wäre möglich, dass die Erlösung der Kunst, der einzige zu erhoffende Lichtblick in der neueren Zeit, ein Ereigniss für ein paar einsame Seelen bliebe, während die Vielen es fort und fort aushielten, in das flackernde und qualmende Feuer ihrer Kunst zu sehen: sie wollen ja nicht Licht, sondern Blendung, sie hassen ja das Licht — über sich selbst."
Nun bin ich nicht willens, mich zerreißen zu lassen. Ich ziehe es vor entlegene Höhen zu erfliegen, in dessen geweihter Stille das Gebrüll um Geld und Erfolg erstickt, lärmende Herden sich nie eingefunden haben, kein Krämer je nach einer Zeitung schrie, was es zu verschachern gibt. Die Stille die sie empfinge würde sie sogleich zermalmen, die Freiheit würde zum Fluche, in die man sie entließe.
Allein die Unzeitgemäßen mit überreichem Talente sind es, die hier ihr Glück erraten: die Weihungen und Segnungen höchster Sphären, von denen der Philosoph mit Ehrfurcht spricht. Und wenn es weiter heißt: Jeder Umgang ist schlecht außer der mit seinesgleichen, so sollte man mit seinem Glücke auch unter seinesgleichen bleiben, das heißt über den Wolken seine Kreise ziehen, dort, wo das Reich der Hyperboreer beginnt. Weder zu Land noch zu Wasser wirst du es erreichen . . .
Amadeus Wellenstein
Lied der Hyperboreer
Ausschnitt

". . . wo wir den Tag schon vor dem Abend loben, weil Tag und Abend unser sind . . ."
Morgenröte
Dibond - Original: 140cm x 66cm

